3D-Messung des elektrostatischen Feldes einer Nadelspitze — auf dem Titel von Applied Physics Letters
Die genau Kenntnis der lokalen Verteilung des elektrostatischen Feld an scharfen Feldemissionsspitzen ist der Schlüssel zur Beantwortung grundlegender Fragen zum Thema, wie dies Feld mit diesen Spitzen wechselwirkt. Obwohl dies schon seit langem untersucht wird, wurden dreidimensionale (3D) elektrostatische Felder mit Nanometerauflösung um scharfe Spitzen herum bisher nicht experimentell vermessen. Da die elektrostatischen Felder in der Elektronenfeldemission und der Atomsonden-Tomographie (Ionenemission) extrem stark und zudem räumlich weit ausgedehnt sind, gab es bisher keine Technik, die gleichzeitig eine hohe Auflösung und ein großes Sichtfeld ermöglicht hat.
In einem kürzlich in den Applied Physics Letters veröffentlichten Beitrag haben Mingjian Wu, Alexander Tafel, Peter Hommelhoff und Erdmann Spiecker vom Institut für Mikro- und Nanostrukturforschung und unserem Lehrstuhl für Laserphysik mit einer speziellen Rastertransmissions-Elektronenmikroskopie-Technik das dreidimensionale elektrische Feld vermessen und eine hervorragende Übereinstimmung mit Computersimulationen gefunden. Der Beitrag erschien als Featured Article (nach Auswahl des Herausgebers) und hat es auf das Titelbild der ersten Ausgabe der Applied Physics Letters im Jahr 2019 geschafft.
In dieser Arbeit wurde eine Nanometer scharfer Wolframnadel für das Experiment durch elektrochemisches Plasma-assistiertes Ätzen in einer Ultrahochvakuumkammer hergestellt. Dieser extrem scharfe Elektronenemitter wurde in einem in-situ-TEM-Halter montiert, mit dessen Hilfe Feldemission von Elektronen von der Nadelspitze im Mikroskop erreicht werden kann. Mit Hilfe des Differentialphasenkontrastes (DPC) in der Rastertransmissions-Elektronenmikroskopie (STEM) konnten die Forscher die Elektronenstrahlablenkung um den Elektronen-Nanoemitter herum mit einer Auflösung im Nanometerbereich und mit einem Sichtfeld von einigen Mikrometern hochgenau messen. Aus einer einzigen Projektionsmessung einer solchen Elektronenstrahlablenkung wurde ein Verfahren basierend auf der inversen Abel-Transformation genutzt, um einen Schnitt durch das dreidimensionale elektrostatische Feld zu rekonstruieren. Die experimentellen Ergebnisse wurden mit Simulationen, die auf einem numerischen Maxwell-Gleichungslöser mit finiten Elementen basieren, verglichen und stimmen auch quantitativ ausgezeichnet überein.
Im Gegensatz zu früheren Techniken, die auf der Elektronenholographie basieren, werden Probleme mit der Verzerrung von Referenzwellen in DPC umgangen, was eine einfache Interpretation der Daten ermöglicht. DPC ermöglicht auch eine Balance von Sichtfeld und Auflösung sowie ein leicht kalibrierbares Signal. Wir glauben, dass diese Technik auch auf andere Systeme anwendbar sein wird, wie z.B. das Studium von Feldern um Spitzen allgemeiner, d.h. nicht rotationssymmetrischer Form, vorausgesetzt, dass Messreihen bei verschiedenen Neigungen der Spitze durchgeführt werden können.